Machen wir uns doch nichts vor, wir haben das Jahr 2004!
Die Sportwagen waren früher erfolgreich, weil Mercedes, Jaguar, Aston Martin, Ferrari und Porsche (ohne Anspruch auf Vollzähligkeit) gegeneinander gefahren sind und es üblich war, dass am Steuer Leute wie Moss, Hill oder Ickx sassen. Eben keine ausgemusterten Formel1 – Fahrer, sondern zu ihrer Zeit Spitzenfahrer!
Und dieser Mix aus Persönlichkeit und Marke hat den Erfolg in den 50ern bis Anfang siebziger Jahre begründet. Ab dann ging es bergab, die Gruppe C war toll, aber kam schon beim Otto – Normal - Zuschauer nicht an, weil dort schon zumeist namenlose am Steuer waren oder, als die Namen noch einigermassen bekannt waren, Porsche nur gegen Porsche gefahren ist. Die DTM ist im Jahr 2000 auf die Nase gefallen. Man dachte sich, wir sind wieder da und alle kommen! Denkste! Schlechte Zuschauerzahlen und schlechte Quoten! Wenn nicht die Hersteller wahnsinniges Geld reingepumpt hätten, wäre das Thema Ende 2000 schon erledigt gewesen. Erst danach besann man sich und kümmerte sich um die Leute vor Ort, begann diesen etwas zu vernünftigen Preisen zu bieten. Weshalb holte man einen Alesi? Oder jetzt einen Frentzen? Das Risiko, dass diese sportlich versagen ist nicht geringer als bei einem Glock oder Mutsch, aber für die PR sind sie ungleich bedeutender! Nur MB, Opel und Audi reicht da nicht!
Wie sagte Niki Lauda, als er bei seinem Comeback 1982 damals unverschämte zwei Millionen Dollar verlangte, Ron Dennis die aber nicht zahlen wollte, weil er nicht wusste, ob Lauda schnell genug ist: „Gib mir einen Dollar fürs fahren und 1.999.999,$ für die PR, die durch mich bekommst!“
Ende der 80er, als das Privatfernsehen erst aufkam und noch neu war, wäre das Rennformat und die damit verbundene Live - TV – Übertragung ein Argument gewesen, heute meines Erachtens nicht mehr. Solange bei den GT Ferraris gegen Lister mit namenlosen Piloten fährt, solange bei den Sportwagen alte Audis gegen Courage oder Domes fahren, rechtfertigen die zu erwartenden Quoten niemals den Aufwand einer Live – Übertragung, egal ob das Rennen eine, zwei oder sechs Stunden dauert. In Deutschland gibt es die Formel 1 und die DTM mit festen Sendeplätzen, für mehr Live – Motorsport ist da kein Platz mehr! Und ohne den deutschen Markt funktioniert auch keine Europa- oder Weltmeisterschaft im Motorsport!
„Back to the roots“, das 1.000 km Format wie bei der LMES geplant ist ok, FIA – GT mit dem Rahmenprogramm soweit auch! Mit der deutlich längeren Distanz als die Formel 1 schafft man auch ein Unterscheidungsmerkmal. Dementsprechend müssen aber auch die Veranstalter denken: Man sollte es als Familien – Event planen, dass der sportlich ambitionierte Besucher sein Rennen sehen kann, aber er und vor allem Frau und Kinder nicht sechs Stunden auf der Tribüne ausharren müssen! Als meine Eltern damals mit mir beim 1.000km – Rennen an der Nordschleife waren, haben sie mit mir die erste Stunde Rennen geschaut, dann wurde gegrillt, kurz geschaut, dann gingen sie spazieren, fuhren in ein Cafè und haben dann die letzte Stunde wieder geschaut. Danach ist man nach Hause gefahren und alles war mit dem Familientag an der Rennstrecke zufrieden, trotz Eifelwetter.
Beim 1.000 km Rennen 2000 hat meine Frau neben mir fast sechs Stunden auf der Tribüne gefroren, ausser einem Rennwagen-Museum hätte es auch keine Alternative gegeben. Gut, es war dann ihr letzter Rennbesuch, hat auch Vorteile!
! Familien- , Frauen- oder Kinderbetreuung / - programm bei einer Veranstaltung ist doch nix neues, das gibt’s im Rahmen der DTM teilweise, gab es bei der Beru-Top-Ten, aber da ist noch sehr viel möglich! Wenn man am Sonntag Leute zu einem Ort führen will, der nicht vor der Haustür liegt, muss man die Familie mit einbeziehen!
Und von dieser Veranstaltung macht man dann eine maximal einstündige Zusammenfassung und versucht die, bei einem vernünftigen Sender zu einer vernünftigen Zeit unterzubringen (Bsp. Sonntags zwischen 18 – und 20 Uhr). Dann kann man diese werbegerecht bzw. sponsorengerecht aufbereiten. Damit ist mehr geholfen, als bei einer Live – Übertragung, die kaum einer sieht. Und schlechte Quoten am Sonntagnachmittag, die Übertragung ist schneller abgesetzt als man glaubt! Und damit wäre auch wieder eine Rennserie geplatzt!
Man bekommt heute keinen Schumacher oder Montoya in einen Sportwagen oder GT! Deshalb kann die Entwicklung nur in langsamen Schritten, im Rahmen der Möglichkeiten sein. Wenn man mal pro Rennen 50.000 Zuschauer hat, wächst das Interesse der allgemeinen Öffentlichkeit automatisch. Man vergisst bei der DTM gern, dass die Serie sich von 84-87 über sehr guten Motorsport entwickelt hat, so dass dann erst die Hersteller 88 auf eine sportlich funktionierende Basis eingestiegen sind, die "nur" verfeinert wurde! Oder besser ausgedrückt, man brauchte nicht bei null zu beginnen und vor leeren Rängen fahren, es gab bereits ein Stammpublikum! Dieses Stammpublikum gilt es nun bei den GT (dort ja teilweise schon vorhanden), vor allem aber bei der LMES zu finden und zu begeistern!
Mit einem gescheiten, realistischen und zielgruppenorientierten Business-Plan über mindestens drei Jahre (besser fünf), bekommt man die Strecke voll und dann entwickelt sich der Rest, ob Marken, Piloten oder TV, mehr oder weniger von selbst! Wenn man es dann noch schafft, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und mit den Füssen am Boden bleibt, kann man auch länger überleben!